Quelle: Kleine Zeitung, Onlinebericht vom 08. März 2016 – www.kleinezeitung.at
Am Anfang stand die Eskalation: Zwei Tage vor dem Heiligen Abend 2014 wird die Grazer Volksschullehrerin mitten aus der Weihnachtsbastelei mit ihrer zweiten Klasse „entfernt“. Von der interimistischen Leiterin, die zur Verstärkung den Schulwart mitgebracht hat. Die Pädagogin verlässt die Klasse, Kinder klammern sich weinend an ihr fest. Es sollte der vorläufige Schlusspunkt eines sich lange aufbauenden Konfliktes sein.
Dienstfreistellung vor Weihnachten
Doch es war alles andere als ein Schlusspunkt. Die Lehrerin hatte sich schon lage gemobbt gefühlt, die Leiterin kam mit der Pädagogin, die in der Elternschaft auch polarisiert hat, nicht zurecht. Und der Landesschulrat (LSR) agierte zumindest unglücklich. Der Grund für die „Entfernung“ aus der Klasse war 2014 die „Dienstfreistellung“, durch den LSR. Davon wusste Josef Zollneritsch, Leiter des schulpsychologischen Dienstes – ebenfalls im LSR – nichts. Er hatte gerade begonnen im Konflikt zwischen den Pädagoginnen zu vermitteln. Dank der „beherzt“ durchgesetzten Dienstfreistellung vor Weihnachten aber vergeblich.
Dienstfähigkeit überprüft
Fast 15 Monate danach ist die Situation alles andere als entschärft. Das Land und der LSR als Behörde sind gegen die Volksschullehrerin mit schwerem Geschütz aufgefahren. Zwei Mal hat man die Grazerin zu psychiatrischen Gutachtern geschickt, weil man sie „dienstunfähig“ schreiben lassen wollte. Beide Male war die Diagnose: „dienstfähig“.
Disziplinarverfahren
Aber der Reihe nach. Nachdem sie im Jänner 2015 an die Schule zurückgekommen war, hatte man sie ermahnt, sie solle die gedeihliche Zusammenarbeit mit der Leiterin nicht behindern. Mediationsversuche gab es keine. Stattdessen kam es im März 2015 zur Suspendierung der Lehrerin, bei Kürzung ihrer Bezüge auf zwei Drittel. Im April setzte es vom Land eine Disziplinaranzeige, weil die Pädagogin „das Ansehen der Schule und wesentliche Interessen des Dienstes“ gefährde.
Vom ursprünglich ellenlangen Sündenregister der Anzeige seien von der Disziplinarkommission nur noch fünf Vorwürfe verhandelt worden, sagt Irmgard Neumann, die Anwältin der Lehrerin: „Übergeblieben sind dann zwei Gründe für den Verweis. Dass sie einmal zur Interims-Leiterin ,Rutsch mir den Buckel runter‘ gesagt habe und in einem Brief an Eltern dem Schulinspektor politische Motive unterstellt hat, deretwegen er die fehlende Kompetenz der Leiterin nicht anerkenne.“
„Suspendierung sollte Lage entschärfen“
Schließlich hob die Behörde die Suspendierung auf, bestätigt Michael Fresner, Chef der Disziplinarkommission im LSR: „Die Suspendierung sollte die Lage entschärfen. Die Lehrerin hat versucht, im Konflikt auf die Kinder Einfluss zu nehmen. Aber an den Vorwürfen der Anzeige ist nicht viel übergeblieben.“ Fast ein Jahr musste die Pädagogin unfreiwillig spazieren gehen, die gekürzte Gage bekommt sie nachbezahlt. Aber sie ist noch nicht im Dienst zurück. Weil man sie an eine Schule in Graz-Umgebung versetzen will. Fresner: „An der Grazer Schule geht in der Sache ein Riss durch Lehrer- und Elternschaft. Eine Rückkehr können wir derzeit nicht gutheißen.“
Mobbing-Klage gegen das Land
Anwältin Neumann will das Land nicht ungeschoren lassen: Sie hat gegen den Dienstgeber Land, der seiner Fürsorgepflicht gegenüber seiner Dienstnehmerin nicht nachgekommen sei, eine Mobbing-Klage samt Schmerzensgeld-Forderung eingereicht. Neumann kämpft für die Rehabilitierung der Lehrerin: „Sie soll an ihre Schule, zu ihrer Klasse zurückkehren dürfen.“
Die 2014 im Amt befindliche Interims-Direktorin, die sich damals dann auch für den Leiterposten an der Grazer Schule beworben hatte, ist übrigens nach dem Hearing nicht Schulleiterin geworden.