In den vergangenen Wochen ist im Bundeskanzleramt ein sogenannter „Digitaler Krisenstab“ eingerichtet worden, dessen Aufgabe es sein soll, „falsche Nachrichten“ aus dem Verkehr zu ziehen.
Unklar ist dabei aber nicht nur die rechtliche Grundlage dafür, sondern auch wer festlegt, was tatsächlich „Fake News“ sind.
Zwar kann es durchaus förderlich sein, angepriesene Hausmittelchen oder falsche Zahlen bezüglich der Todesfälle aus dem Informationsfluss zu fischen, dennoch gilt es hier die Meinungsfreiheit zu achten und diese nicht rechtswidrig einzuschränken.
Die Meinungsfreiheit gemäß Art 10 EMRK schützt die Meinung als wertende Stellungnahme, sowie die Äußerung über Tatsachen und sonstige Formen kommunikativen Verhaltens, auch im Zusammenhang mit dem Corona-Virus.
Die Zugänglichkeit zu verschiedenen Informationen und der freie Medienaustausch über Massenmedien sind unverzichtbare Voraussetzungen für eine funktionierende Demokratie.
Aber was passiert, wenn uns dieses Grundrecht nun teilweise genommen wird, indem wir nur noch über jene Berichte verfügen können, die vom Digitalen Krisenstab nicht entfernt wurden? Berichten des ORF zufolge ist dieser nämlich so aufgebaut, dass er „Fake News“ in vier Kategorien einteilt, wobei eine davon die Verharmlosung des Coronavirus ist.
Jedoch wann liegt eine solche Verharmlosung vor? Was geschieht mit den verschiedenen Ansichten der Mediziner oder Virologen? Dürfen medizinisch geschulte Personen verharmlosen oder werden grundsätzlich jegliche der Bundesregierung entgegenstehenden Ansichten als Fake News entfernt?
Bislang wurden auf diese Fragen noch keine konkreten Antworten gegeben. Stellt sich heraus, dass auch die verschiedenen Ansichten von Experten blockiert werden, so ist das Grundrecht der Meinungsfreiheit gleich zweimal eingeschränkt: ein Mal im Bezug auf die Äußerung der Meinung der Experten und ein zweites Mal im Bezug auf die freie Meinungsbildung der Bevölkerung.
Solche Einschränkungen der Meinungsfreiheit stehen unter einem sogenannten Gesetzesvorbehalt. Dies bedeutet, dass es dem Gesetzgeber unter gewissen Voraussetzungen möglich ist, eine gesetzliche Einschränkung bezüglich der Ausübung des Grundrechts durchzuführen.
In der aktuellen Situation mangelt es aber bereits an der gesetzlichen Grundlage für den „Digitalen Krisenstab“. Wie gefährlich solche Maßnahmen sein können, ist aus der Österreichischen Geschichte mehr als bekannt. Insgesamt wäre es daher selbst bei Vorliegen eines Gesetzes wohl besser, die Medienkompetenz der Informationsempfänger zu stärken, anstatt die Meinungsfreiheit
der österreichischen Bevölkerung derart einzuschränken – dies nicht zuletzt, weil die Ressourcen dieses „Digitalen Krisenstabs“ diesfalls anderweitig eingesetzt werden könnten.
RA Mag. Irmgard Neumann und Katja Matlschwaiger April 2020