Quelle: Kleine Zeitung, Onlinebericht vom 6. Mai 2022 – www.kleinezeitung.at | Bernd Hecke 

Ein vierjähriges Mädchen sollte am Donnerstag mit Polizeigeleit bei ihrer Mama in der Steiermark abgeholt und in die USA zurückgebracht werden. Die Steirerin (28) ist abgetaucht. Ihr droht nun ein Haftbefehl.

Ein Obsorgestreit, ein Verfahren nach Haager Kindesentführungsübereinkommen gegen die Mutter, eine Rückführungsanordnung: Das ist die Sicht der Juristen. Für die Familien ist es ein emotionaler Rosenkrieg, der Kampf um die eigene Tochter, die nackte Verzweiflung.

Das Unvorstellbare ist für eine 28-jährige Steirerin gestern wahr geworden. Ihr Mann (36) aus den USA, von dem sie seit 2021 getrennt lebt, ist nach Österreich gereist, um die gemeinsame Tochter Sandy (Name von der Redaktion geändert) nach Amerika heimzuholen. Mit richterlicher Anordnung, Polizeigeleit und Psychologen versuchte er, das Kindergartenkind zurückzubekommen. Die Mutter aber ist mit ihrer kleinen Tochter abgetaucht.

Plötzlich wurden Scheidungspapiere aus den USA zugestellt

Seit 2013 waren die beiden ein Ehepaar in Übersee. Alles lief gut – glaubten die Großeltern in der Steiermark –, ehe die Situation eskalierte. Es begann vorigen Juni mit einem Urlaub in der Steiermark: Die 28-jährige Doppelstaatsbürgerin reiste mit Sandy heim zu ihren Eltern, erzählt ihre Anwältin Irmi Neumann. Der Kindsvater sei Anfang August nachgekommen und schließlich alleine in die USA zurückgereist. Das Paar habe wegen Corona vereinbart, dass Mama und Tochter hierbleiben, bis es eine Kinderimpfung gebe. Dann seien plötzlich Scheidungspapiere aus den USA zugestellt worden, der Streit habe begonnen, erzählt Sandys steirischer Opa: „Es war alles wie in einem schlechten amerikanischen Film.“

Mutter droht US-Haftstrafe wegen Kindesentführung

Der Anwalt des US-Vaters, Gottfried Berdnik, mahnt, das nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Ein US-Gericht habe der Mutter inzwischen bereits vorübergehend das Sorgerecht entzogen: „Es zeichnet sich ab, dass ein US-Haftbefehl gegen die Mutter ausgestellt werden könnte.“ Dann riskiere die Doppelstaatsbürgerin gar eine US-Haftstrafe wegen Kindesentführung.

Aus Sicht des Vaters habe die Mutter ihn mit dem Heimaturlaub belogen, um ihm das Kind zu entziehen und fortan mit der Tochter in Österreich zu leben – keine Rede von Einvernehmen also.

Mutter-Anwältin Neumann pocht darauf, dass „die Mutter in drei Gutachten als Hauptbezugsperson benannt wird“. Auch laufe gegen den Vater ein Verfahren wegen des Verdachts auf Kindesmissbrauch. Berdniks Konter, das sei eine gängige, üble Strategie in Obsorge-Streitigkeiten: „Die Gutachter haben den Verdacht ausgeräumt.“ Was jetzt? Die Rückführung werde vollstreckt.